Inspiration,  Laufen

Der Depression davonlaufen: In wenigen Monaten vom Laufanfänger zum Halbmarathon

Da ist er nun, mein erster Gastbeitrag. Ich bin immer noch ein wenig erstaunt, aber auch erfreut über diese Anfrage von Pooly, dass er mich darum gebeten hat, meine kleine Geschichte zu erzählen, wie es bei mir dazu kam, dass ich mit dem Laufen anfing.

Das folgende Zitat hat Daniel bewogen, mich anzufragen, ob ich nicht ein wenig mehr erzählen möchte:

Es ist bekannt, wie es bei mir dazu kam, dass ich mit dem Laufen anfing, nicht gerade aus dem schönsten Gründen. Aber das Laufen half und hilft mir, doch den Bezug zum Leben nicht zu verlieren und wieder Erfolgserlebnisse zu haben. Außerdem macht es mir einfach auch Spaß.

Ein Gastbeitrag von Caro

Bis 2015 hatte ich mit Laufen wirklich überhaupt nichts am Hut, in der Schule fand ich es einfach nur furchtbar, in der prallen Mittagssonne über den Sportplatz getrieben zu werden und dafür auch noch Noten zu bekommen. Ich war keineswegs unsportlich, habe in der Kindheit beispielsweise Rettungsschwimmen gemacht und später auch Formationsturniersport betrieben. Durch meinen Beruf lies ich alles ein wenig schleifen und hatte kaum noch Zeit und Muse etwas in der Hinsicht für mich zu tun.

Wenn der Boden unter den Füßen wegbricht

Anfang des Jahres 2015 trennte sich mein Ex-Freund (selbst Marathonläufer und Triathlet) von mir. Das zog mir derart den Boden unter den Füßen weg, dass ich ziemlich schnell merkte, dass ich diese Situation diesmal nicht alleine verarbeitet bekomme und landete geradewegs in einer mittelschweren Depression bzw. depressiven Episode.

Ich, als selbstbewusste OP-Schwester, die jeden Tag ihre Frau stehen muss, bekommt eine Trennung allein nicht verarbeitet… ein harter Schlag für mich und mein eh schon angeknackstes Selbstbewusstsein. Neben der ziemlich beschwerlichen Suche nach professioneller Hilfe, tat ich instinktiv das richtige… ich ging raus und lief.

Sicherlich, die Intention war zunächst eine andere, denn ich habe es in meiner Wohnung nicht ausgehalten, war rastlos, wusste nicht wohin mit meiner Wut und Energie und die Gedanken drehten sich in endlosen Schleifen und wollten nicht aufhören, es zermürbte mich einfach noch zusätzlich.

Aller Anfang will geplant sein

Ich weiß gar nicht mehr genau, wann ich mir schlussendlich Laufschuhe kaufte und mir einen Einsteigerlaufplan aussuchte, um anzufangen, aber es ging ziemlich schnell.
Der Trainingsplan hatte als Ziel, nach 8 Wochen 30 Minuten am Stück laufen zu können und gab mir Struktur, die ich brauchte, um mich nicht zu überfordern.

Anfang 2015 war das Wetter nun auch nicht das allerbeste, aber der Schweinehund gewann nie, ich zog es durch und hatte wenigstens ein paar Minuten, in der der Kopf Sendepause hatte. Je bescheidener das Wetter, desto stolzer war ich im Nachhinein auf mich. Bei Wind und Wetter war auch das Dumpfe vorerst passé, endlich fühlte ich mal wieder etwas außer Taubheit und Leere.

Obwohl ich nach wie vor dem Nikotin verfallen bin, konnte auch ich die ersten Verbesserungen relativ schnell feststellen. Am 17.03.2015 (am Todestag meiner Lieblingsoma) hatte ich das erste Ziel in läuferischen Hinsicht erreicht und bin 30 min durchgelaufen… und von Wolke 7 wurden mir dafür sogar ein paar Sonnenstrahlen geschickt.

Der Depression davon laufen
Eine meiner Laufstrecken

Perspektivenwechsel

Am Anfang waren natürlich auch die Distanzen noch ziemlich überschaubar, aber so lernte ich die Wetterau von einer ganz anderen Seite kennen: Ich wusste genau, ob „unser reißender Bach“ Hoch- oder Niedrigwasser hatte, welche Bäume auf dem Weg zu unserem Kurpark als erstes wieder Blätter bekamen und das die wildwachsenden Blumen mit am schönsten sind. Fuchs und Hase begegneten mir ebenfalls auf den Feldwegen in den nächsten Ort. Wo erlebten man das noch in seiner Tretmühle aus Arbeitsstress, Schichtarbeit, familiären Verpflichtungen und meinen eigenen Problemen?

Das Laufen hat also auch meinen Blick weg von mir selbst mal wieder auf die Schönheit der Natur lenken können, die doch so objektiv ist. Erst gestern habe ich eine Amsel gesehen, die in einer Pfütze badete, und einen Mäusebussard, dem ich offenbar ein wenig zu Nahe kam und er 5 Meter weiter flog.

Vielleicht liegt es auch an dem auf Hochtouren arbeitenden Stoffwechsel, dass man diese Dinge bewusster wahrnimmt. Natürlich ist die Natur nicht nur wunderbar, erst gestern auf meinem langen Lauf durfte ich wieder feststellen, wie ätzend Nieselregen in Verbindung mit Sturm auf freiem Feld über 3 Km sein können.

Relativ schnell merkte ich, wie gut mir das laufen nicht nur körperlich sondern auch mental tat und so blieb ich dran, und meldete mich für meine ersten 5er und 10er an.
Zwischenzeitlich übertrieb ich es natürlich und hatte wie fast jeder Anfänger mit Überlastungsbeschwerden zu kämpfen… aber trotz allem blieb ich dran.

Da der Sommer 2015 teilweise sehr heiß war, musste ich den ein oder anderen Lauf auf morgens vor der Arbeit verlegen… was bei mir bedeutet, dass ich gegen 4 Uhr morgens aus den Federn steigen muss… wirklich eine Überwindung, aber ich bin dabei geblieben, es mindestens einmal die Woche durchzuziehen, auch wenn es echt schwer fällt, wenn die Temperaturen unter 0°C sind und es dazu noch dunkel ist. Auch hierbei lernt man seine Umgebung ganz anders kennen und ich kann es nur empfehlen!

Ich hätte nie gedacht, dass mir das Laufen mal so viel bedeuten und geben wird, denn hier hatte ich nur gegen mich selbst zu kämpfen.

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