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Testbericht: Die Apple Watch Series 2 als GPS-Laufuhr ohne iPhone

Während man sich über den Sinn und Zweck von Smartwatches streiten kann, drängt die Apple Watch immer weiter in den Bereich der Wearbles vor. Als die Series 2 ein GPS Modul spendiert bekommen hat, wollte ich unbedingt wissen ob die Apple Watch auch als Lauf-Uhr ohne iPhone geeignet ist.

Wer mit dem Gedanken spielt eine Apple Watch als Laufuhr zu nutzen, sollte im Vorhinein ein paar Dinge beachten:

– Alle Ausführungen der Apple Watch sind technisch gleich und unterscheiden sich nur vom Material und Preis

– Die Nike Edition hat keine besonderen Sport-Funktionen, sie sieht nur etwas sportlicher aus und hat exklusive Watchfaces

– Trotz integriertem GPS heißt es noch lange nicht das alle Lauf-Apps dieses auch nutzen

– Die Apple Watch ist nach wie vor ohne Verbindung zum iPhone relativ nutzlos

Knapp zwei Wochen habe ich die 42 mm Version der Apple Watch Series 2 getragen und immer wieder mit meiner Garmin Fenix 3 HR verglichen.

Verarbeitung & Tragekomfort

Wie von Apple gewohnt ist an der Verarbeitung der Uhr nichts auszusetzen. Im direkten Vergleich mit der Fenix 3 ist die Apple Watch ein absolutes Leichtgewicht und sehr angenehm zu tragen. Wechselbare Armbänder in den unterschiedlichsten Varianten gibt es genug, für sportliche Aktivitäten ist die Standard-Version bestens geeignet.

Man kann bei der Uhr zwischen einer 38mm und 42mm Version wählen, ich würde immer zur größeren Variante greifen. Über das Design der Apple Watch kann man sich streiten, mir persönlich wäre eine runde Form auch lieber gewesen. Auf jeden Fall fällt man auf und wird gelegentlich angesprochen, die am häufigsten gestellte Frage: „Kann die Uhr auch WhatsApp?!“

Display & Bedienung

Das Display lässt sich auch bei Sonneneinstrahlung gut ablesen, so eine brillanten Auflösung biete keine klassische Laufuhr. Die Bedienung fand ich am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig. Was passiert wenn ich wann an der digitalen Krone drehe? Wie verwalte ich Apps im Dock? Es ist nicht alles gleich selbsterklärend, nach etwas herumspielen ergibt alles dann doch irgendwie einen Sinn. Ganz untypisch für Apple.

Display
Das Display ist gut ablesbar

Beim Laufen muss man schon genauer hingucken um die passenden Buttons auf dem kleinen Touchscreen zu treffen (auch deswegen 42mm). Eine Touch-Bedienung für Sportuhren finde ich ungeeignet. Besonders bei Schweiß, Nässe oder mit Handschuhen wird es sehr kompliziert den Touchscreen zu bedienen.

Während einer Aktivität bleibt das Display dunkel, es sei denn der Arm wird zum ablesen der Uhr angehoben. Zu 95% funktioniert das sehr gut, finde ich beim Sport aber etwas nervig. Wäre der Bildschirm ständig aktiviert, würde die Akkulaufzeit rapide nach unten gehen.

Die passende Lauf-App

Um die Apple Watch auch wirklich ohne iPhone beim Laufen tragen zu können, müssen die Apps das integrierte GPS unterstützen. Um es gleich vorweg zu nehmen, es gibt für mich nur zwei wirklich empfehlenswerte Apps: Runkeeper, Strava und die vorinstallierte Workout App von Apple. Runtastic, Runmeter u.s.w. können nur in Kombination mit dem iPhone Läufe aufzeichnen. Monate nach erscheinen der Series 2 eine ziemlich magere Auswahl wie ich finde.

Strava biete nur die nötigsten Einstellungen, Runkepper ist da etwas vielseitiger. Auf die genauen Vor- und Nachteile der Lauf-Apps will ich jetzt nicht eingehen, am besten ihr probiert ein wenig herum. Womit ich überhaupt nicht klar gekommen bin war Nike Runclub.

Im Grunde zeigen aber alle Apps die gleichen Datenfelder an: Zeit, Distanz, Pace und Puls. Die Workout App hat übrigens die meisten Sportarten zur Auswahl und soll ab WatchOS 4 auch eine Multisportfunktion bekommen. Intervalle kann übrigens keine der Watch-Apps, herkömmliche Laufuhren bieten hier eindeutig mehr Möglichkeiten.

Strava Einstellungen
Wenige Konfigurationsmöglichkeiten bei Strava

Bei allen Apps ist noch Luft nach oben. Nach gut zwei Wochen Testzeit würde ich Läufern aber Strava empfehlen.

GPS Signal & Höhenmeter

Beim Laufen habe ich neben der Apple Watch immer eine Fenix 3 HR getragen und die Strecke nachher miteinander verglichen. Das GPS-Signal der Watch ist in wenigen Sekunden betriebsbereit, während die Fenix oftmals ein paar Momente gebraucht hat. Verbindungsprobleme hatte ich mit der Watch nie, auch in dicht bewaldeten Gebieten war das Signal zuverlässig.

Auf dem folgenden Bild habe ich die GPX-Tracks der Apple Watch und Fenix übereinander gelegt, bis auf kleinere Abweichungen (die es immer gibt) ist die aufgezeichnete Strecke ziemlich gleich.

GPS Watch (Lila) vs. GPS Fenix 3 HR (Orange)
GPS Watch (Blau) vs. GPS Fenix 3 HR (Orange)

Während meiner Aktivitäten und auch gab es bei der Distanz immer mal kleinere Abweichungen von ungefähr +300 Metern bei der Watch. Ein paar Meter weiter waren die Messwerte wieder identisch, am Ende war die Differenz von +300 Meter  wieder vorhanden.

Bis auf Runkeeper zeigt keine der Watch-Apps an wann das GPS Signal gefunden wurde, was schon ärgerlich ist. Um den Akku der Uhr zu schonen wird bei aktiver Bluetooth-Verbindung automatisch auf das GPS des iPhone zugegriffen.

Mit der Apple Watch ist es nicht möglich Höhenunterschiede zu messen. Ich vermute mal die in der Grafik dargestellten Höhenmeter der Watch (Blau) sind irgendwelche geschätzten Werte.

Höhenmeter
Die Höhenmeter Unterscheide sind gravierend

Optische Pulsmessung am Handgelenk


Wie inzwischen fast alle neueren Sportuhren kann die Apple Watch auch den Puls über das Handgelenk messen. In der letzten Zeit habe ich so einige Laufuhren mit optischer Pulsmessung getragen und die Werte der Watch sind ziemlich genau. Auf jeden Fall genau genug für Freizeitsportler. Wie man anhand der Grafik sieht gibt es keine besonderen Auffälligkeiten.

Herzfrequenzmessung mit der Apple Watch
Herzfrequenzmessung mit der Apple Watch

Im direkten Vergleich dazu hat die Garmin Fenix 3 HR (auch mit Pulsmessung am Handgelenk) ungenauer gemessen, die angezeigten Werte in Orange schlagen an manchen Stellen viel weiter aus.

Watch (Lila) / Fenix 3 HR (Orange) Vergleich
Watch (Blau) / Fenix 3 HR (Orange) Vergleich

Dabei sollte noch erwähnt werden das die Apple Watch beim Sport den Puls konstant und bei normaler Nutzung nur alle 10 Minuten misst. Wer auf eine noch exaktere Messung Wert legt, kann die Watch über Bluetooth mit einen Pulsgurt verbinden.

Akkulaufzeit

Kommen wir nun zu einem Punkt der viele vom Erwerb eine Apple Watch abhält: der Akku. Ein 10 Kilometer Lauf (ohne Verbindung zum iPhone) unter 60 Minuten hat bei mir ca. 15%+ Akku verbraucht. Mit einer Kapazität von 20% würde ich eine solche Distanz nicht riskieren. Akku weg = Daten weg. Um auf Nummer sicher zu gehen sollten je nach Länge des Laufs um die 50% aufgeladen sein. Bei voller Ladung kann man mit der Watch aber locker einen Marathon laufen.

Bei der alltäglichen Nutzung, ohne ständig mit der Uhr herumzuspielen, hat der Akku bei mir gut 2 Tage gehalten. Für eine komplette Ladung von 0% auf 100% vergehen 2 Stunden. Man muss ich darüber im klaren sein das die Apple Watch mit reichlich Funktionen ausgestattet ist. Es handelt sich hierbei um einen Mini-Computer am Handgelenk mit einem hochauflösenden Display. Die Akkulaufzeit der Watch kann man nicht einer klassischen Laufuhr, die eine C64-Auflösung hat, vergleichen.

Datenhandling

Die Apple Watch ist mit zahlreichen Sensoren ausgestattet. Für die Datenübertragung der Läufe muss die Uhr mit dem iPhone über Bluetooth verbunden sein. Eine direkte WLAN Übertragung ist nicht möglich. Bei Strava hat das Synchronisieren zuverlässig funktioniert, bei Runkeeper war ich mir nie so wirklich sicher wann der Lauf übertragen wurde (einer der Gründe warum ich Strava auf der Apple Watch empfehle).

Sync ohne iPhone nicht möglich

Der NFC Chip soll in Zukunft auch Daten mit Sportgeräten in Fitnessstudios austauschen können, also ähnlich wie bei manchen Polar Produkten. Ein ziemlich kluger Schachzug wie ich finde. Bluetooth Kopfhörer können ohne Probleme mit der Uhr verbunden werden. Es ist auch möglich Musik auf die Uhr zu laden, was allerdings ein quälend langsamer Prozess ist. Zumindest kann man so vollkommen kabellos und unabhängig vom Smartphone Musik beim Laufen hören, eine Funktion die meines Wissens nur die TomTom Cardio hat.

Die zentrale Sammelstelle aller Bewegung- und Sportarten ist die Aktivität App, verschieden farbige Ringe zeigen an ob das tägliches Ziel erreicht wurde. Die Darstellung finde ich sehr schön umgesetzt. Übrigens können auch Apps ohne Watch-App, wie z.B. Garmin Connect, Daten in Aktivität schreiben. Die mit der Apple eigenen Workouts App aufgezeichneten Läufe etc. können übrigens nicht zu Runtastic, Strava etc. exportiert werden, außer man geht einen sehr schmerzhaften Umweg über Health und Rungap den ich nicht empfehlen kann.

Aktivitäten
Aktivitäten: Keine Sorge. Doppelte Einträge können gelöscht werden

Preise

Die 42mm Ausführung der Apple Watch Series 2 kostet bei Apple 449€, bei manchen Händlern etwas weniger. Für diesen Preis gibt es bei Garmin oder Suunto sehr gut ausgestattet Sportuhren, wobei die Premium-Modelle dieser Hersteller sogar doppelt so teuer sind. Wer beim Laufen sein iPhone ohnehin immer mit dabei hat braucht vielleicht gar keine GPS Funktion und sollte einen Blick auf die Series 1 werfen, die schon für unter 300€ zu bekommen ist.

Fazit

Die GPS fähigen Lauf-Apps kann man an einer Hand abzählen und bieten wenig Konfigurationsmöglichkeiten. Ambitionierte Läufer werden mit den momentan gebotenen Möglichkeiten der Uhr nicht glücklich werden. Wobei die Watch an sich technisch keine Wünsche übrig lässt, ich denke das an dieser Stelle sind eher die Entwickler als Apple gefragt.

Als Laufuhr ist die Apple Watch Series 2 durchaus zu gebrauchen, GPS und Pulsmessung am Handgelenk funktionieren gut und zuverlässig. Wer sich im Apple Ökosystem bewegt, viele Push-Benachrichtigungen bekommt und als Freizeitläufer keine besonders großen Ansprüche hat, bekommt mit der Apple Watch Series 2 ein gutes Wearble mit viel Potential. Die Uhr wird in Zukunft wohl noch mehr Funktionen bekommen, angeblich soll dann sogar eine Blutzuckermessung möglich sein.

Allgemein gesehen ist die Apple Watch besser als ihr Ruf, ich kenne viele Menschen die mit der Uhr wirklich glücklich sind. Ich selber brauche keine Funktionen wie Siri, Messaging etc. am Handgelenk, mir reichen die rudimentären Smartwatch-Funktionen der Fenix vollkommen aus.

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